Wandern und Schauen: Nagelfluh – Hotspot der Artenvielfalt, Exkursion 18. 06. 2022

Schwarzes Kohlröschen (Nigritella rhecellani)

Achtung: Termin-Änderung

Die AHO-Wanderung Rinnen-Galtjoch muss aus gesundheitlichen Gründen auf den 2. Juli verschoben werden. Stattdessen findet am 18. Juni eine Orchideen-Wanderung auf der Nagelfluhkette statt:

Veranstaltungshinweis Samstag, 18. 6. 2022: Orchideen, Steinnelke und Apollo-Falter – Artenreichtum-Hotspot auf „Herrgotts-Beton“

Auf „Herrgotts-Beton“, wie das Nagelfluh-Gestein gern genannt wird, findet sich einer der wenigen bayerischen Standorte der Steinnelke (Dianthus sylvestris).

Steinnelke (Dianthus sylvestris)

Und mit etwas Glück lassen sich der seltene Apollo-Falter und die sibirische Keulenschrecke beobachten. In den Naturpark Nagelfluhkette geht es mit dem Arbeitskreis Heimische Orchideen, Regionalgruppe Allgäu am Samstag, 18. Juni 2022. Die botanische Exkursion gilt nicht nur Heimischen Orchideen wie Kugelorchis (Traunsteinera globosa) und Kohlröschen (Nigritella rhellicani), sondern dem ganzen Artenreichtum, den das Molasse-Gestein zu bieten hat.

Der weiße Mauerpfeffer (Sedum album) ist die Raupen-Futterpflanze des Apollofalters, das Hahnenfuß-Hasenohr (Bupleurum ranunculoides) kommt erst in Höhen ab etwa 1500 m vor und der Gelbe Enzian (Gentiana lutea) wird zum Schnapsbrennen genutzt. Die anspruchsvolle Bergtour über Mittag und Steineberg erfordert Trittsicherheit, Kondition und entsprechende Bergausrüstung, auch wenn die ersten 700 Höhenmeter mit dem Sessellift überwunden werden. „Nur für Geübte“ warnt der Exkursionsleiter. Nicht-Mitglieder sind stets willkommen, die Führung ist kostenfrei. Bergbahn und Einkehr müssen selbst getragen werden. Treffpunkt 10 Uhr, Talstation Mittag-Bahn, Immenstadt. Bei Interesse bitte bei mir melden, ich gebe die Anmeldung an den Exkursionsleiter weiter. 14. 06. 2022

Gelber Enzian (Gentiana lutea)

Wandern und Schauen: noch einmal Nagelfluh

 

Ein Steingarten zum Staunen: vom Mittag zur Alpe Oberberg 

Vom Mittag, dem Hausberg von Immenstadt im Allgäu, zum Bärenköpfle ist es ein gemütlicher Spaziergang. Wanderer, die die Nagelfluh-Kette überschreiten wollen, eilen schnell vorbei Richtung Steineberg. Wir sind diesmal nicht weit gekommen, weil es auf den Nagelfluh-Felsen am Wegrand viel zu sehen gibt. Die von der Natur geschaffenen Steingärten sind ein kleines Paradies. Da wächst würziger Thymian neben dem gelben Sonnenröschen (Helianthemum nummularium), dessen Knospen nickend herunterhängen, während sich die geöffneten Blüten der Sonne entgegenstrecken. Neben dem Silbermantel mit seinen silbrig glänzenden Blatträndern (wohl Alchemilla nitida, es gibt mehrere ähnliche Arten) streckt der Berg-Baldrian (Valeriana montana) seine schirmförmigen, zarten Blütenstände empor. Dazwischen kann man die kugelige Teufelskralle entdecken, ein Glockenblumen-Gewächs, während die zierliche Zwerg-Glockenblume (Campanula cochleariifolia) sich direkt an den Felsen klammert.

 

Auch heimische Orchideen sind zu entdecken, vereinzelt das Brandknabenkraut (Orchis ustulata) mit seinem fast schwarzen Köpfchen, das Fuchs-Knabenkraut (Dactylorhiza fuchsii) auch in einem fast weißen Exemplar und die grünliche Waldhyazinthe (Platanthera chloranta), neben der ein lebendgebärendes Alpen-Rispengras zu sehen ist. Anstelle von Samen fallen hier schon fertig ausgebildete kleine Pflanzen auf den Boden, die sofort anwachsen können – eine erstaunliche Anpassung an den kurzen alpinen Sommer.

 

Auf einer extensiv bewirtschafteten Bergweide leuchtet der Goldpippau. Auf den artenreichen Weiden grast das Milchvieh der Sennalpe Oberberg. Kenner schätzen neben dem weiten Panoramablick über Allgäuer Alpen und Illertal den würzigen alten Bergkäse, der hier ein bis zwei Jahre lagern darf, um sein volles Aroma zu entwickeln. Mancher staunt über die braunen Alpschweine im Freigehege, eine Kreuzung zweier alter Haustierrassen. Sie werden mit der Molke gefüttert, die beim Käsen anfällt, und entwickeln ein besonders aromatisches Fleisch.

 

Wandern und Schauen im Lebensraum des Apollo-Falters

 

Hilfe für den Apollo-Falter

Um den Lebensraum des Apollo-Falters kümmert sich der Landschaftspflegeverband Oberallgäu-Kempten. Bei einer Wanderung im Gunzesrieder Tal wurde das Projekt vorgestellt. Die Nagelfluhkette zählt zu den letzten Lebensräumen des selten gewordenen Schmetterlings. Nagelfluh, auch „Herrgottsbeton“ genannt, ist ein Molasse-Gestein, das aus Flußkieseln zusammengebacken und im Zuge der Alpenfaltung angehoben wurde. Es bildet den Untergrund für eine besonders reichhaltige Alpenflora, die bei Wanderungen im Naturpark Nagelfluhkette zu finden ist. Zur Zeit blühen heimische Orchideen wie die Fuchs-Fingerwurz (Dactylorhiza fuchsii, früher geflecktes Knabenkraut), die weiße Waldhyazinthe (Platanthera bifolia) und das rote Waldvögelein (Cephalanthera rubra). Unser Ziel war eine steile, felsdurchsetzte Südwand. Nachdem die Beweidung durch Alpvieh wegen der Steilheit aufgegeben wurde, machten sich Bäume, Sträucher und vor allem der mächtige Adlerfarn breit.

 

Die Raupen des Roten Apollos ernähren sich ausschließlich vom weißen Mauerpfeffer (Sedum album), der auf warmem Gestein wachsen muss, also viel Sonne braucht. Um dem Apollo-Falter mehr Lebensraum zu sichern, müssen Bäume, Sträucher und Adlerfarn durch Schwenden und Mähen zurückgedrängt werden – eine im Steilhang äußerst mühsame Arbeit, die nicht nur dem seltenen Falter, sondern auch zahlreichen zarten Pflanzen zu Gute kommt, die unter dem dichten Farn keine Chance haben. Der Schmetterling ließ sich diesmal nicht blicken, aber wir freuten uns über artenreiche Blumenwiesen im flacheren Bereich mit Margeriten, Klappertopf und Herbstzeitlose, die nach der Blüte im Herbst jetzt Früchte gebildet hat. An freien Stellen im Steilhang ließ sich eine Blütenpracht mit Sonnenröschen, Bergklee, Wundklee, Alpenkreuzblume, Thymian und vielen anderen Bergbewohnern entdecken.