Berge in Blau und Rosa – bei solchen Sonnenuntergängen kommen mir die Bilder von Ernst Ludwig Kirchner in den Sinn. Die Natur zeigt uns fantastische Farben und Formen und große Künstler intensivieren sie und holen die Quintessenz heraus. Ich finde es immer faszinierend, wie Natur und Kunst ineinandergreifen und unser Sehen bereichern. Und der Schnee lässt uns die Winter-Farben noch intensiver wahrnehmen.
– Der Winter zeigt sich allerdings heuer launisch wie der April: kaum ist die Landschaft weiß, kommt wieder ein Wärme-Einbruch und die ganze Pracht schmilzt dahin. Weiter unten im Tal sind die Wiesen schon wieder grün.
Deshalb habe ich kürzlich den Neuschnee gleich noch frisch in der Nacht aufgenommen. 10. 02. 2023
Ein erster Skifahrer war schon unterwegs. Und wir stapfen den Weg weiter aus. So macht Winter Spaß: Man sieht es Airy an, wie gern er im Schnee wühlt und sich in der weißen Pracht wälzt!
Auch die Landschaft hat sich verwandelt: weiche Konturen, harte Kontraste. Und wenn dann trotz tiefhängender Wolken noch ein Sonnenstrahl durchkommt – Was will Winterwanderer mehr!
Nur für Airy folgt ein dickes Ende: die Dusche zuhause, um die Schneebollen schnell wieder los zu werden. Zum Glück ist es nur bei Neuschnee so schlimm. Dann müssen wir umkehren, bevor das Fell durchnässt ist. Wenn der Schnee erst einmal durchgefroren ist, klebt er nicht mehr so im Fell fest und wir können wieder länger laufen. 22.01.2023
In Talnähe ist nur ein Hauch von Winter angekommen. Wohl nur vorübergehend, denn für die nächsten Tage ist Regen angekündigt.
Zumindest die Berge leuchten in frischem Weiß, wenn sie sich mal zeigen zwischen den tiefhängenden Wolken. Trotzdem ist es ideales Wanderwetter, denn die Wege sind zumindest in tieferen Lagen nicht vereist und gut zu begehen.
Und die kleinen Schneehauben auf Moos und Nagelfluh-Gestein schaffen Kontraste.
Der Borkenkäfer hat ein Relief in ein Stück Rinde gezeichnet: Kunst in der Natur, schön und zerstörerisch, denn der betroffene Baum ist dem Käfer zum Opfer gefallen.
Zerstörerisch und bewundernswert zugleich ist auch den Biber am Werk, selbst am kleinsten Wiesenbach, der im Sommer kaum Wasser führt. Wo der Schnee fehlt, leuchtet das Weiß der Birkenstämme. 10. 01. 2023
Der erste Schritt morgens im Garten, ein Atemzug, ein Schnuppern: Schneeluft. Die Luft ist kühl und irgendwie besonders klar, und auch, wenn die Berge sich noch in Wolken hüllen, ist es eindeutig: in der Höhe hat es geschneit.
Als die Wolken aufreißen, bestätigt sich: die Gipfel sind weiß.
Allgäuer Braunvieh, Jungvieh
Unten steht noch das Jungvieh auf der Weide, oben ist schon Winter. Also nichts wie hinauf: auf gut 2000 Meter Höhe auf dem Nebelhorn können wir durch den Schnee stapfen. Kinder haben einen ersten Schneemann gebaut und rutschen auf dem Hosenboden einen kleinen Abhang herunter und Hund Airy macht es ihnen nach.
Hund Airy, Amerikanischer Zwerg-Schnauzer, mit Maulkorb
Airy ist zwar irritiert, weil er in der Bergbahn einen Maulkorb tragen muss, aber über seiner Begeisterung im Schnee ist das lästige Ding schnell vergessen. Er wälzt sich mit sichtlichem Vergnügen im kalten Weiß.
Uns Zweibeiner beeindruckt die großartige Aussicht, ein Rundum-Panorama, Gipfel an Gipfel in harten Schwarz-Grau-Weiß-Konturen mit einem Hauch von Himmelblau. Ein vergänglicher Anblick, denn der September-Schnee wird wohl bald wieder verschwinden und warmen Herbstfarben Platz machen. 23. 09. 2022
Es war ein wunderbarer Tag auf einem Flysch-Berg, also mit anderer Flora als auf den meisten Kalk-Bergen. Der prächtige Purpur-Enzian (Gentiana purpurea) ist gerade am Aufblühen. Er ist nicht zu übersehen, während der winzige Schnee-Enzian (Gentiana nivalis) von den Wanderern kaum beachtet wird.
Das ebenfalls winzige Einblatt (Malaxis monophyllos), eine der heimischen Orchideen, finde ich meistens, wenn ich nicht danach suche. Auf etwa 1800 Meter Höhe blühen noch prächtige Türkenbund-Lilien (Lilium martagon), im Tal sind sie schon verblüht.
In voller Blüte steht auch das Einköpfige Ferkelkraut, einige Wiesen sind voll davon.
Bergwiese mit Einköpfigem Ferkelkraut (Hypochaeris uniflora)
Die Meisterwurz, (Peucedanum ostruthium) ist nicht nur ein altbekanntes Heilkraut der Älpler, auch der Schnaps schmeckt sehr „gesund“, wird also nur von Kennern geschätzt. Die Blüten sind von Insekten umschwärmt. 12. 07. 2022
Es leuchtet schon von weitem: das ungewöhnliche Kohlröschen (Nigritella rhellicani) entpuppt sich als Hybride, wohl mit der Mücken-Händelwurz (Gymnadenia conopsea). Jedenfalls stehen beide „Eltern“ gleich in der Nähe.
Zwergorchis (Chamorchis alpina)
Auf windigen Graten fühlt sich die Zwergorchis (Chamorchis alpina) wohl, während Traunsteiners Fingerwurz (Dactylorhiza traunsteineri) Feuchtwiesen und Flachmoore bevorzugt.
Die Orchideen stehen im Mittelpunkt bei den Exkursionen mit dem Arbeitskreis Heimische Orchideen, aber in der Regionalgruppe Allgäu schauen wir auf die gesamte Alpenflora. Zu entdecken sind letzte Frühlingsblüher wie die Alpen-Aurikel (Primula auricula) neben der ganzen Sommerpracht von Gelbem Enzian (Gentiana lutea), und Großköpfiger Gämswurz (Doronicum grandiflorum).
Und dann die wunderbaren Steingärten der Natur mit Trauben-Steinbrech (Saxifraga paniculata) und Scheuchzers Glockenblume (Campanula scheuchzeri), Stengellosem Leimkraut (Silene acaulis) und Clusius-Enzian (Gentiana clusii) oder Alpen-Süssklee (Hedisarum hedisaroides) und Kopfigem Läusekraut (Pedicularis rostrato-capitata). Mehr davon demnächst.
Bergwiese mit Enzian (Gentiana clusii) und Mehlprimeln (Primula farinosa)
Ziemlich durchnässt, aber begeistert sind wir von der Wanderung heimgekommen. An den Nordhängen der Allgäuer Alpen zeigt sich auf etwa 1400 m Höhe der Bergfrühling in voller Pracht. Das leuchtende Blau des Enzians (Gentiana verna und Gentiana clusii) und das zarte Rosa der Mehlprimel (Primula farinosa) begleitet uns fast auf dem gesamten Weg.
Frühlings-Enzian (Gentiana verna)
Die Silberwurz (Dryas octopetala) ist ein Eiszeitrelikt, ihre Blätter finden sich bereits fossil in eiszeitlichen Schichten.
Schnee-Pestwurz (Petasites paradoxus) FruchtstandSchnee-Pestwurz (Petasites paradoxus) als Schutt-Festiger
Die Schnee-Pestwurz (Petasites paradoxus) kann sich mit ihren Wurzeln im rutschenden Geröll von Lawinen- und Wasserrinnen halten und wirkt als wichtiger Schuttfestiger.
Fast hätten wir sie übersehen: die Blütenknospe des Frauenschuhs (Cypripedium calceolus) versteckt sich im dichten Grün des Steilhangs. Und dann steht auch noch eine erste, prächtige Blüte dieser größten heimischen Orchidee vor uns.
Frauenschuh (Cypripedium calceolus)
Und das bleibt nicht der einzige Höhepunkt: winzig, aber wunderschön lacht uns der Bewimperte Mannsschild (Androsace chamaejasme) an. Die Blattrosette zeigt, woher der Name kommt.
Bewimperter Mannsschild (Androsace chamaejasme)
Noch winziger und leicht zu übersehen ist ein Steinbrech im feuchten Schutt, ich halte ihn für den Blaugrünen Steinbrech (Saxifraga caesia).
Feucht mag es auch das Alpen-Fettkraut (Pinguicula alpina), eine „fleischfressende“ Pflanze, die ihren Nährstoffbedarf mit kleinen Insekten aufbessert, die an den Blättern kleben bleiben. Leicht zu übersehen sind auch der Alpenlattich (Homogyne alpina) und der Alpenhelm (Bartsia alpina), der mit seinen an der Spitze dunkelvioletten Blüten und Blättern im hohen Grün verschwindet.
Zu meinen Lieblingen gehört das Steinröschen, auch gestreifter Seidelbast genannt (Daphne striata). Vom in der Regel starken Duft ist diesmal nichts zu spüren. Vielleicht ist die Luft zu feucht. Tatsächlich haben wir mit Schauen und Fotografieren so viel Zeit verbracht, dass uns am Schluss noch der Regen einholt. Aber der stört uns nicht mehr. 01. 06. 2022
Dieses unwahrscheinliche Blau begeistert mich jedes Jahr aufs Neue: an sonnigen Südhängen der Allgäuer Berge blüht der Frühlings-Enzian (Gentiana verna). Auffallend ist dazwischen ein fast farbloses Exemplar.
Auf rund 1600 m Höhe zeigt sich der Bergfrühling auch mit Clusius‘ Enzian (Gentiana clusii) und Berghahnenfuss (Ranunculus montanus).
Das Veilchen am Waldrand zeigt sich mit weißem Sporn als Rivinus‘ Veilchen (Viola riviniana). An den Nordhängen gegenüber sind die Schneefelder nicht zu unterschätzen, auch wenn die fast sommerlichen Temperaturen täglich mehr Stellen ausapern lassen. 17. 05. 2022
Kaum taut der Schnee, öffnen die Soldanellen oder Alpenglöckchen (Soldanella alpina) ihre Blütenköpfe. Die Hummel scheint viel zu schwer für die zarten Glöckchen, aber sie halten der Last stand. Zur Freude von Hund Airy gibt es heuer auf 2000 m Höhe in den Allgäuer Bergen noch etliche Schneefelder in nordseitigen Rinnen und sogar noch in Mulden auf der Südseite, genug zum Toben, Springen und Wälzen für den begeisterten Hund.
Dafür hält er brav still, wenn Frauchen fotografiert: Frühlingsenzian (Gentiana verna), Clusius‘ Enzian (Gentiana clusii) und letzte narzissenblütige Anemonen (Anemone narcissiflora) sind noch Frühlingsboten, während Fruchtstände der Weißen Alpen-Anemone (Pulsatilla alpina) schon den Sommer anzeigen.
Im Allgäu sagt man „Bergmännle“ zu den lustigen Schöpfen, während die mehrblütige Anemone „Berghähnle“ genannt wird. „Bergweible“ gibt es auch, aber die haben wir noch nicht gesehen, es sind die Fruchtstände der Silberwurz.
Bewimperter Mannsschild (Androsace chamaejasme) und Geschnäbeltes Läusekraut (Pedicularis rostrato-capitata)Geschnäbeltes Läusekraut (Pedicularis rotrato-capitata) und Alpen-Aster (Aster alpinus)
Leuchtend violette Farbtupfer setzt das Geschnäbelte Läusekraut (Pedicularis rostrato-capitata) neben dem zierlichen bewimperten Mannsschild (Androsace chamaejasme) und der Alpen-Aster (Aster alpinus). Auch die bewimperte Alpenrose (Rhododendron hirsutum) blüht noch, in Oberbayern als „Almrausch“ bekannt.
Meine besondere Liebe gilt den heimischen Orchideen. Auf der Höhe blühen jetzt die prächtige Kugelorchis (Traunsteinera globosa). Um Weißzüngel (Pseudorchis albida, Syn. Leucorchis a.) und grüne Hohlzunge (Coeloglossum viride) zu entdecken, muss man genau hinschauen.
Unübersehbar sind dagegen die fast schwarzen Punkte des schwarzen Kohlröschens (Nigritella rhellicani). In der Schweiz nennt man sie Männertreu und „Schokoladenblümli“, wer daran riecht, weiß warum. 24. 07. 2021
Ein Hauch von Rosa liegt über der Streuwiese: die zarten Mehlprimeln (Primula farinosa) gehören zu meinen Frühjahrs-Lieblingen, ebenso wie der zierliche Sumpf-Baldrian (Valeriana dioica), der auch gerade aufblühen will.
Die Kälte der letzten Wochen hat die Entwicklung in Natur und Garten verzögert, aber der Regen hat genügend Feuchtigkeit gespendet und ein paar Sonnenstunden bringen alles gleichzeitig zum Blühen, kriechenden Günsel (Ajuga reptans) und Wiesen-Schaumkraut (Cardamine pratensis), Alpen-Gänsekresse (Arabis alpina) und Bachnelkenwurz (Geum rivale).
Wiesen-Schaumkraut (Cardamine pratensis)Alpen-Gänsekresse (Arabis alpina)Bach-Nelkenwurz (Geum rivale) mit Hummel
Und die Frühlingsblüher, die mit der Sonne wetteifern und die Wiesen gelb färben: der scharfe Hahnenfuß (Ranunculus acer), der niedrige Berg-Hahnenfuß (Ranunculus montanus), der Wiesen-Bocksbart (Tragopogon pratensis), der gerade erst anfängt zu blühen, aber am Nachmittag schon wieder geschlossen ist und der Löwenzahn (Taraxacum officinale), der sich bei Kälte und Regen nur zögernd öffnet.
Es ist schon ein verrücktes Wetter: Anfang Februar und im März war es wärmer als jetzt zu Pfingsten. Hund Airy ist das egal. Für ihn ist nur wichtig, dass er mit Frauchen draußen sein kann. 24. 05. 2021
Wiesen-Bocksbart (Tragopogon pratensis)Hund Airy (Amerikanischer Zwerg-Schnauzer) vor Löwenzahnwiese und Allgäuer Bergpanorama